16.8.06
(1) zum glück seit jeher ein freund der repetition. ich kann tausend mal das gleiche machen, hören, lesen, essen, kochen. macht mir überhaupt nichts aus. rede ich mir zumindest gerne ein. und zwar tausend mal hintereinander. mit wenig geld kann man dann sowieso immer wieder nur dasselbe machen. ich gehe tausend mal aus, trinke tausend bier und knutsche mit tausend leuten, die alle gleich aussehen. dieser quatsch diente als einleitung und rechtfertigung für meinen tausendsten madridbesuch.
(2) der eigentliche grund war aber der 99. geburtstag meiner großmutter mit einem damit verbundenen kleinen familientreffen. ich mag eigentlich keine familientreffen, aber ich mag meine großmutter. und wer – außer meinem vater und den blöden kindern meines onkels natürlich – könnte ihr auch schon den verständlichen wunsch abschlagen, ihre familie nochmal zu sehen. dieses nochmal stand natürlich immer unausgesprochen im raum. dieses scheiß nochmal.
(3) geburtstagsessen im argentinischen steakhaus. meine österreichische, damals nach argentinien zwangsausgewanderte großmutter. meine großmutter im rollstuhl im argentinischen steakhaus ein spanisches gegrilltes hähnchenbrustfilet verzehrend. mein austroargentinischer onkel irgendwelchen scheiß über argentinischen wein erzählend. zum glück kam das gespräch nicht auf nahostundsoweiter. mich schon wochenlang vorher künstlich davor gefürchtet. es gibt nichts proarabischeres/antiisraelitischeres als argentinische onkels und spanische cousins. leider kam das gespräch nicht auf nahostundsoweiter. jetzt werden sie doch nie erfahren, dass ich im grunde nichts lieber täte als zum entsetzen der familie zum judentum zu konvertieren und nach haifa zu ziehen. tausendmal hintereinander.
(4) top news: ich gebe meine widerstand gegen flipflops auf, ich habe mich endgültig mit flipflops versöhnt. alle spanier, sogar die scheißeaussehenden, tragen flipflops. nun sehen flipflops, auf spanisch hawaianas, am playa-gebräunten, dickfesseligen spanierfuß natürlich besonders gut aus. im gegensatz zum bleichen, sehnigen deutschenfuß. außerdem tragen spanier – achtung totaler verallgemeinerungsmodus – nur nur nur schwarze oder weiße flipflops. und nur die mit ganz dünnen riemchen. und nur brasilianische. und nur tagsüber.
(5) n. besucht. er wohnt in tetuán, einem nicht mehr ganz so zentral gelegenen madrider viertel, in dem seit ein paar jahren vor allem lateinamerikanische emigranten wohnen. dort alles sehr zentral- und südamerikanisch. beziehungsweise so, wie man sich als doofer zentraleuropäer südamerika vorstellt. neonbeleuchtete friseursalons, die um elf uhr nachts noch geöffnet haben. dunkle kneipen mit südamerikanischer musik. auf straßen herumlungernde jungscliquen mit weißen flechtlederschuhen. dicke schwarze frauen mit komischen folkloreröcken, die in hauseingängen auf monoblocs sitzen. almodóvar, erzählte n., hat in diesem stadtteil den größten teil von volver gedreht.
(6) überhaupt sind südamerikaner im madrider straßenbild oderwiedasheißt sehr präsent. viele arbeiten in der gastronomie und auf baustellen zu kaum vorstellbar niedrigen tageslöhnen. wie jede bevölkerungsgruppe tauchen sie natürlich auch in der kriminalstatistik auf und jeder spießerspanier erzählt einem die schlimmsten überfallgeschichten von peruanischen gangs. alles was spanier früher schlimmes an den gitanos, an den spanischen zigeunern, auszusetzen hatten, wird jetzt voll auf die südamerikaner projiziert. im rausgeputzten zentrum dann auch unfreiwillig zeuge davon geworden, wie spanische bullen ziemlich rauh und ziemlich grundlos eine gruppe südamerikanischer jugendlicher gefilzt haben. einfach nur so, weil sie eben südamerikanisch aussahen. mit hose ausziehen, mitten auf der straße.
(7) in einer schwulenkaschemme einen mexikaner kennengelernt, der vor fünf monaten in mexiko sein auto verkauft hat, um nach europa übersiedeln zu können. er wird, würde ich mal tippen, karriere in der madrider bärenszene machen. außerdem hat er versprochen, mir die schönsten strände an der mexikanischen pazifikküste zu zeigen. hängemattenhütten für einen euro pro nacht. schade, dass ich ihn nie wieder sehen werde. oder vielleicht auch nicht. ich bin mir noch nicht sicher.
(8) dann noch zwei wunderbare drunk&disco-nächte in der homodisco. diesmal auch bis zum schluß ausgeharrt und viel getanzt und mich von der marcha der spanier anstecken lassen. und überhaupt sind spanier dann doch ganz toll, auch wenn sie beim tanzen gerne klatschen. nach fünf gin tonics de tanqueray schließlich jede fotohemmung verloren und äußerst willige fotografieopfer gefunden.
malo | 02:11 | link | 4 kommentare | 0 track | mottoshow: madrid