# Vier Tage Madrid und man hat so viele nackte, beflipflopte Männerfüße gesehen, wie ein Kleinstadtfußpfleger in seinem ganzen Leben. # Meinetwegen könnten Dreiviertelhosen und Flipflops außerhalb von Strandpromenaden für immer verboten werden. # Überhaupt sind fast alle Menschen immer Sommer noch beschissener angezogen als sowieso schon. # Spanier lieben besonders Baumwollfetzen in einem pastelligen Orange, der häßlichsten Farbe der Welt. # Die spanische Olympia-Berichterstattung ist noch nationalistischer als die deutsche. Es werden also nur Sportarten live übertragen, bei denen spanische Sportler den Hauch einer Chance auf den achten Platz haben. # Okay, es gibt Schlimmeres als stundenlange Übertragungen des Mannschafts-Geräteturnens der Männer. Und sobald mal die hochfavorisierte Konkurrenz turnt, zum Beispiel Amerikaner oder Chinesen, immer schnell stundenlange Zeitlupenstudien vom Reck herabstürzender spanischer Muskelzwerge einblenden. # Pensionswirte im Allgemeinen haben sowas Gruseliges. Vor allem wenn sie ständig durch die Pension schleichen und so tun, als ob sie Steinfußböden nass aufwischen. # Vor allem wenn man zufällig in der Nacht zuvor Rosemaries Baby im Fernsehen gesehen hat. # Rosemaries Baby, auch so ein Film, den man nach fünf Sekunden sofort erkennt. # In Rosemaries Baby scheint ein leicht angesenfter Gelbton eine wichtige Rolle zu spielen. # Wie meine hunderteinsjährige Großmutter frisch frisiert in ihrem Zimmer saß, Radio hörte und zu Enola Gay von OMD mit dem Fuß wippte. # Wie meine Tante den chinesischen Straßenhändler, der uns raubkopierte DVDs verkaufen wollte, danach fragte, wie ihm die Eröffnungsfeier der olympischen Spiele gefallen hätte. # Er hat natürlich nicht darauf geantwortet und ich wußte nicht recht, ob mir das jetzt fremdpeinlich sein soll oder nicht. # In Berlin und Madrid werden Teilstrecken der U-Bahnlinie 1 nicht befahren. # Das kann kein Zufall sein.
Nach dem wahnsinnigen Blogmarathon der letzten beiden Tage gleich mal wieder eine Pause einlegen. Habe es geschafft, bereits vor Wochen genau für den Tag einen Lufthansa-Flug zu buchen, an dem jetzt gestreikt wird. Klappt mal wieder prima. Aber es gibt ja noch Iberia, die mich gleich in die zentralkastilisiche Hitzewelle fliegt. Lebensmotto: Städtereisen in Mittelmeeranrainerstaaten immer nur im August.
Ein Klapptisch neben der Empfangstheke in der Zahnarztpraxis. Darauf ein Bilderrahmen mit schwarzem Trauerflor. Darin ein Foto meiner früheren Zahnärztin. Daneben eine brennende Kerze. Man wäre am liebsten sofort wie ein mittelalterliches Klageweib schreiend davor zusammengebrochen.
# Also ich bin ja Hobbybasilikumbotaniker und untersuche das lebende Objekt. Und Basilikumsoziologe bin ich auch noch, denn ich arbeite auch im Lippenblütlerbereich bervorzugt mit dem wissenschaftlichen Handwerkszeug der teilnehmenden Beobachtung. Nun zum Forschungsergebnis: die Erfahrung zeigt, dass diese kleinen Lebendbasilikumtöpfe immer total schnell kaputt gehen. Und nie kriegt man die Höchstmenge an Basilikum gegessen, die ein kleiner Topf theoretisch hergäbe, auch wenn man anfangs total zuversichtlich ist und sich denkt: das ist jetzt wirklich mal ein schöner, kleiner, lange haltender Basilikumtopf, mit dem ich die nächsten Monate ganz locker Pizzen, Tomaten und Mozarellen mit frischen kleinen grünen Blättchen belegen kann, mal abgesehen von den wunderbaren, mir noch unbekannten Basilikumrezepten, die ich irgendwann noch aus dem Internet herausgoogeln werde, falls mir mal so richtig superlangweilig sein sollte. Aber dann werden die Blätter plötzlich bräunlich und vergessen nachzuwachsen und überhaupt ist der Topf spätestens vor dem dritten Teller Caprese, oder wie das nochmal in jeder Assi-Pizzeria heißt, mausetot und muss weggeschmissen werden. Aber noch ist die blöde Geschichte nicht zu Ende. Versuchssituation zwei: man kauft nicht den kleinen Basilikumtopf für einsneunundneunzig, sondern den ganz großen für zweineunundneunzig, den nur Wahnsinnige kaufen, denn wer mag schon fünfzehn Kilo Basilikum verzehren oder drei Liter Pesto trinken, zumal die für Pesto benötigten Pinienkerne noch teurer sind als Rohöl, Air-Berlin-Tickets und Bio-Camembert zusammen. Alles verläuft zunächst wie beim kleinen Topf: tolles Aussehen, blendende Basilikumgesundheit, dann plötzlich erste Verfallserscheinungen inklusive schrumpelig-lascher Blätter und brauner Blattverfärbungen. Aber komischerweise sind beim großen Topf immer nur zwei Drittel des Basilikumbestands davon betroffen. Ein Drittel hingegen überlebt wochenlange Trockenperioden, ein Leben ohne Sonne und den emotionalen Verlust der Basi-Kumpels von nebenan völlig problemlos, als ob es nichts Schöneres gäbe, als in einem labbrigen schwarzen Kunststofftopf mit so Löchern untendrin sein Leben zu verbringen. Bewundernswert. Das nennt man wohl, wie man aus seinem Bio-LK und diversen Abenteuer-Wissen-Sendungen weiß, Survival of the Fittest. Und man möchte sich die erfolgreichen Basilikumsurvivors gerne zum Vorbild nehmen, aber natürlich sind einem mal wieder die vorzeitig abgekratzten Versager viel sympathischer.
“In 1998 Philip Oakey began to suffer from male pattern baldness and after advice from his hair stylist, in 1999 he adopted an all over ‘number two’ crop hairstyle. This is the style he wears today, albeit that his hair has now completely greyed.”
Seit gestern darf nun auch hier in NRW in Kneipen, Bars, Clubs und Restaurants nicht mehr geraucht werden. Alle Raucher hielten sich natürlich sklavisch an die neue Vorgabe, als ob man sofort verhaftet werden würde, wenn man dagegen verstieße. Ich begann sofort, mich für diese Obrigkeitshörigkeit zu hassen. Endlich wieder ein richtig guter Grund, sich selbst zu hassen. Ungefähr genauso wie den Satz “Das Rechnungsdatum entspricht dem Leistungsdatum”, den man unter seine Rechnung schreiben muss, damit eine Rechnung angeblich gültig ist. Jede Art von staatlicher Reglementierung kann also ganz einfach in Selbsthass überführt werden. Das beruhigt mich fast ein bisschen. Man stand also mit den anderen Rauchern vor der Kneipe herum und führte genau die Art von Rauchergesprächen, die man in Kuhlbrodts Blog schon vor einem halben Jahr gelesen hatte. Dann ging man wieder in die ehemals verrauchteste Kneipe der Welt hinein, in der es ganz schlimm nach pinkfarbenem Klostein roch, und gesellte sich zu den anderen beiden Anwesenden im Raum, die auch nur deshalb dort anwesend waren, weil sie Platten auflegen mussten. Wenn man etwas bestellen wollte, zum Beispiel Alkohol, das Genussgift, das nach Fett als nächstes verboten werden wird, musste man nach draußen gehen und die Bedienung suchen, die rauchend vor der Tür stand und die Art von Rauchergesprächen führte, die man in Kuhlbrodts Blog schon vor einem Jahr gelesen hatte. Vielleicht störte mich die Vorhersehbarkeit dieser Situation am allermeisten. [Kommentare schalte ich aus Vorhersehbarkeitsgründen mal direkt aus.]
Also mir gefällt der sogenannte Siegertext von Tilman Ramstedt, dessen Namen ich jetzt absichtlich falsch schreibe, überhaupt nicht. Warum finden alle den Text jetzt nochmal besonders gut und vor allem lustig? Ein Opatext mit Opahumor, den ich, wenn überhaupt, dann vielleicht doch lieber von Elke Heidenreich erzählt bekommen hätte. Kommt mir total unmodern vor, der Text, auch wenn sich der Ich-Erzähler “Keith” nennt, was mich auch gestört hat. Aber wahrscheinlich ist mein Modernitätsanspruch an Literatur sowieso veraltet und vergreist. Und anekdotische Familiengeschichten mag ich auch fast nie. Ich hoffe, dass die Geschichte wenigstens total erfunden ist und nicht auch noch biographisch. Nein, kann leider nichts damit anfangen. Schade. Ich möchte so gerne wieder etwas mit neuer deutschsprachiger Literatur anfangen können.
# Man kann das ja gar nicht in Worte fassen, wie sich das jedes Mal anfühlt, Menschen zu treffen, die man eigentlich nur aus dem Internet kennt. So viel, aber dann auch so wenig über diese Internetexistenzen zu wissen, die dann plötzlich in nicht schriftlicher Form vor einem stehen, neben einem sitzen, mit einem sprechen. # Schon ganz internet-emotionalisiert dann mit Doro und Goncourt um zwei Uhr nachts noch zu Rainald Goetzens Klage-Abschlußparty gefahren, auch wenn man sich ein bißchen doof dabei vorkam. Welcher Berliner Internet-Folklorismus trieb einen da hin, zu dieser Veranstaltung, dessen Gastgeber man natürlich überhaupt nicht persönlich kannte? Es sah dort so aus: Ein Kreuzberger Hinterhof-Atelier mit zum Getränkeausschank umfunktionierter Küche, zwei neu geflieste Toiletten, eine davon ab drei Uhr verstopft, alle Räume gefüllt mit Menschen, die ungefähr halb so alt wie Goetz waren und tanzten. Eine sehr schöne Party also. Die Internet- und Feuilletonprominenz war schon wieder weg, fast möchte man abgerauscht sagen, Goetz war noch da und man strengte sich wahnsinnig an, ihn möglichst wenig zu beobachten. Als ob es das Allernormalste auf der Welt wäre, dem Gastgeber keine Aufmerksamkeit zu schenken. Man kam sich also latent unhöflich vor, egal ob man zu Goetz, wegen dem man ja gekommen war, hinschaute oder ihn ignorierte. Tröstlicherweise wirkte Goetz auf ähnliche Weise sozial überfordert, aber vielleicht bilde ich mir das alles auch nur ein. Wahrscheinlich sogar. Um halb fünf war das Bier ausverkauft, als letzter Song wurde auf Goetz’ Wunsch “Timecode” von Justus Köhncke aufgelegt, was mich sehr gerührt hat, weil das ganze Wochenende ein einziger Timecode war und weil “Timecode” für mich sehr Köln und überhaupt nicht Berlin ist. SMS an Justus geschickt, mich in einem Pathos- und Mutanflug bei Goetz für die Party und seine Klage-Texte bedankt. Kann man ja eigentlich machen, fand ich plötzlich und kam mir dabei sehr konventionell vor. Peinlichkeitsgefühle hatte ich bereits weggetrunken. Er umarmte mich so irgendwie und ich ihn auch und wir drückten unsere schweißnassen Wangen aneinander. I felt Goetz-Schweiß on my skin und schritt hinaus in den Kreuzberger Hinterhof. Die Sonne schien, Vögel flogen durch die Luft, die Bäume rauschten wie in einem Antonioni-Film. Ich sprach zu Goncourt: Nach Hause oder ins Berghain? Er erwiderte mit forscher Stimme: Na dann wohl ins Berghain!
Die Ungerechtigkeit und Undankbarkeit der domestizierten Natur zeigt sich zum Beispiel daran, dass meine wunderbar anspruchslosen und genügsamen Hortensien, die mir eigentlich sehr sympathisch sind, wie blöde blühen, aber natürlich nicht zu mir hin, sondern mir abgewandt zum Licht hin [vielen Dank, Photosynthese], in Richtung der mir eher unsympathischen Hofnachbarn, die sich jetzt täglich bei ihrem doofen Balkonfrühstück mit richtigen Brötchen an meinen Hortensienblüten aufgeilen, während ich beim Essen der vorletzten ältlichen Brotscheibe durch die dringend zu putzende Balkontür auf eine blütenlose graugrüne Blattfläche blicke. Aber zum Gießen der Bitches bin ich noch immer gut genug.
ein regentag schon wieder. auch deep inside in me. später fußball oder dvd schauen. vorher und nachher liegen. und pathetische musik hören. we don’t need another love song, we need a love bomb.
“In November of 1994, Broad purchased Roy Lichtenstein’s “I…I’m Sorry” for $2.5 million USD at a Sotheby’s auction, paid with his American Express credit card, and thereby earned 2.5 million frequent flyer miles.”
hier passiert zur zeit nicht so viel, wie man merken kann. fast möchte man sich dafür entschuldigen. aber nur fast. ist einfach mal so. irgendwann kommt die schreiblust zurück. möglicherweise weiß ich dann auch wieder, worüber man etwas schreiben könnte. bis dahin mache ich mit einzeilern bei twitter rum. das ist ein bißchen wie bloggen 2002. sogenannte langtexte liegen währenddessen hier im sogenannten system als sogenannte drafts herum und zerstören sich irgendwann von selbst.
vorhin frank elstner mit seiner ewig gleichklingenden, supergutgelaunten stimme aus dem fernseher heraus mir ins gesicht: na, schon daran gedacht, die uhr umzustellen?. ich hätte sofort amoklaufen können, wenn ich irgendwas gekonnt hätte.
“Ein deutscher und ein französischer Journalist mussten ihr Interview auf Anweisung von Madonna anscheinend abbrechen, weil sie zuviele dumme Fragen gestellt haben.”